Er spielte seinen Schatten mit
Der Schauspieler Klaus Kammer
Er spielte seinen Schatten mit. Der Schauspieler Klaus Kammer erzählt von der finsteren Blüte, dem schwer erschließbaren Geheimnis seiner Schauspielkunst und dem kurzen Leben des fast vergessenen Darstellers Klaus Kammer (1929-1964).
Im Alter von nur 27 Jahren war er bereits der junge Star im außerordentlichen Ensemble des Berliner Schillertheaters. Im Zentrum seiner Arbeit steht die Zusammenarbeit mit Fritz Kortner, der in ihm einen „mahnenden Todesengel schon im Leben“ sah. Kammer probte mit Kortner den Ferdinand aus Kabale und Liebe, als er im Alter von 34 Jahren unter nie ganz geklärten Umständen verstarb.
Unvergessen bleibt sein Auftritt als Menschenaffe in Kafkas Ein Bericht für eine Akademie. Im Film tritt der Affe noch einmal auf, als Moderator der durch Kammers Leben führt. Mit dieser Rolle gelang Kammer das Kunststück, in der größtmöglichen Verwandlung, als Mensch ganz anwesend zu sein.
Sein rätselhafter Tod war lange Ausgangspunkt für Spekulationen. Der Film lässt dem Schauspieler sein Geheimnis und konzentriert sich auf Anziehungskraft, Schwierigkeiten und die Verwundbarkeit eines Menschen, der mit unheimlicher Sicherheit an die Grenzen seiner Kunst gegangen ist.
Das Aushalten und die Durchsichtigkeit der eigenen fragilen Identität, die sich von einem begeisterten Hitlerjungen bis zum Darsteller des „Anderen“ in Max Frischs Andorra und im Tagebuch der Anne Frank entwickelte, machte ihn zu „dem vom Himmel gespuckten Vertreter seiner Generation“ (Thomas Holtzmann).
Ohne Kommentar erzählt, verwendet der Film über 150 Fotografien, historische Hörfunkaufnahmen, privates Film- und Fotomaterial aus dem Nachlass von Klaus Kammer.
Ivan Nagel
„Es geschieht selten, dass ein großer toter Künstler so lebendig wieder vor uns steht, wie in Andreas Lewins Film über den Schauspieler Klaus Kammer. Kluge dramaturgische Entscheidungen, phantasievolle aber unaufdringlich richtige Kameraarbeit, Takt und Einfühlung als Interviewer tragen dazu bei, dass ein nützlicher, humaner, schöner Film entstanden ist. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ich Klaus Kammer noch einmal so (ohne falsche Töne und Bilder) begegnen kann.“
Filmstills
Filmcredits
Er spielte seinen Schatten mit
Der Schauspieler Klaus Kammer
Mit Hilde Kammer, Christine Kammer, Friederike Kammer, Charlotte Fuchs, Bruno Ganz, Thomas Holtzmann, Imo Moszkovicz, Heidemarie Theobald, Hansjörg Utzerath, Stefan Wigger
Eine Koproduktion der Andreas Lewin Filmproduktion/Christoph Rüter Filmproduktion mit dem Sender Freies Berlin
2002
75 min
Digi-Beta
Kamera Wojciech Szepel
Ton Jan Weymann
Montage Sybille Windt (BFS)
Lebenslauf Klaus Kammer
1929 in Hannover als Sohn des selbstständigen Straßenbaumeisters Karl Kammer geboren.
1939 wird ‚Pimpf‘ in der Hitlerjugend
1943 ‚Kinderlandverschickung‘ im Harz; wird ‚Jungschaftsführer‘ und ‚Stubenältester‘
1945 Kriegsende. Heimkehr. Gymnasium.
1946 Beginn einer Lehre als Steinsetzer im Geschäft des Vaters
1947 Aufnahme in die Schauspielschule der Kammerspiele Hannover. Abbruch der Lehre. Gedichte und Tagebücher.
1950 Erstes festes Engagement in Schleswig
1952 Engagement am Thalia Theater, Hamburg
1954 Heirat mit Hilde Röhling
1955 Engagement an das Schillertheater, Berlin
1964 am 9. Mai wird Klaus Kammer tot in seiner Garage gefunden.
Theaterengagements und wichtige Rollen
1949 Ende der Ausbildung. Kammer reist auf der Suche nach einem Engagement erfolglos durch Deutschland. Gründung eines Kabarett. Erstes Engagement in Witten an der Ruhr.
1950 Gast an den Bühnen: Theater im Zimmer/Hamburg und Kammerspiele Hannover; festes Engagement in Schleswig.
1951 Theater Essen; als Page der Königin in “Don Carlos” bei den Ruhrfestspiele Recklinghausen
1952 Thalia Theater Hamburg
1954 Letzte Hamburger Rolle: Teufel in “Geschichte vom Soldaten” Staatsoper
1955 Engagement an das Schillertheater Berlin. Beginn des schauspielerischen “Durchbruchs” mit dem Peter in “Das Tagebuch der Anne Frank”, Regie Boleslaw Barlog
1957 Das Publikum und die Kritik feiern Kammer als Jimmy Porter in “Blick zurück im Zorn”, Regie Boleslaw Barlog. Erste Zusammenarbeit mit Fritz Kortner in „Hamlet“.
“Thomas Chatterton” von Hans Henny Jahnn; Beginn der Zusammenarbeit mit Willi Schmidt
1958 Kritikerpreis für Jimmy Porter; Berliner Publikum feiert Kammer als Komödianten in “Das Ei” von Félicien Marceau
1960 “Die Ratten” von Gerhard Hauptmann und “Raskolnikoff” nach Fiodor Dostojewski, Regie: Willi Schmidt
1960 „Die Hose“ von Sternheim, Regie: Hans Lietzau
1961 Gastspiele in Paris, Zürich und Recklinghausen mit “Raskolnikoff”
1961/62 „Der Revisor“ von Nicolai Gogol, Regie Willi Schmidt
1962 “Andorra” von Max Frisch, Regie: Fritz Kortner
Doppelabend “Ein Bericht für eine Akademie” und „In der Strafkolonie“ von Franz Kafka, Regie Willi Schmidt, Produktion der Berliner Festwochen und der Akademie der Künste (West).
„Clavigo“ von J.W.v.Goethe, Regie Willi Schmidt
1963 “Berliner Staatsschauspieler” – Kunstpreis der Stadt Berlin (Junge Generation) – Gastrolle am Burgtheater Wien als Orin in O‘Neills “Trauer muß Elektra tragen”.
1963 “Berliner Staatsschauspieler” – Kunstpreis der Stadt Berlin (Junge Generation) – Gastrolle am Burgtheater Wien als Orin in O‘Neills “Trauer muß Elektra tragen”.
“Ein Eremit wird entdeckt” von James Saunders, Regie Hansjörg Utzerath
1964 Gastspiel in London mit “Andorra” und “Clavigo” – Anfang Mai Probenbeginn zu “Kabale und Liebe” Regie: Fritz Kortner
Film und Fernsehen:
Kino
1953 „Keine Angst vor großen Tieren“ von Ulrich Erfurth
1955 „Banditen der Autobahn“ von Géza von Cziffra
1955/56 „Ein Mädchen aus Flandern“ von Helmut Käutner
1959 “Kriegsgericht” von Kurt Meisel
Fernsehen (Auswahl)
1954 „Im sechsten Stock“ Regie: John Olden
1955 „Verlorene Söhne“, NWDR, Regie Hanns Farenburg
1961 “Golden Boy” von Clifford Odets, Regie John Olden (Fernsehfilm mit Hildegard Knef)
1962 “Wer einmal aus dem Blechnapf frißt” nach Hans Falladas gleichnamigen Roman (1934), 3-teilige Fernsehserie des WDR, Regie: Fritz Umgelter
1962 Fernsehaufzeichnung des SFB der Theaterinszenierungen „In der Strafkolonie“ und „Ein Bericht für eine Akademie“ von Frank Kafka, Regie Willi Schmidt
1964 „Reisebekanntschaft“ von Johnny Speight, NDR, Regie: Dieter Munck
„Clavigo“ von J.W.v.Goethe, Fernsehaufzeichnung einer Inszenierung des Schillertheaters, Regie Willi Schmidt
Hörfunk (Auswahl)
1953
"Die Schnapsidee" von Hans Hömberg
"Eine Träne des Teufels" nach Théophile Gautier, Regie Helmut Käutner
"Der Käfig" von Tyrone Guthrie
"In vielen Häusern wohnen sie" von Harald Vock
"Die Mädchen aus Viterbo" von Günter Eich
"Die Barlottis" von Michel Duran
"Die menschliche Komödie" von William Saroyan
"Abel mit der Mundharmonika" von Manfred Hausmann
"Zum goldenen Anker“ von Marcel Pagnol
"Eine Handvoll Staub" von Evelyn Waugh
1954
"Die Reiherjäger" von Günther Weisenborn
"Karfreitag" von Charles Dimont
"Die Stunde nach zwölf" von Heinz Meising, Karl-Heinz Gies
"Ich höre Namen" von Fred von Hoerschelmann
"Zwischenstation" von Walter Oberer
"Die Heimkehr des Soldaten Yeng" von Heinrich von Tiedemann
"Pierre oder Das Zwiegesicht des Menschen" nach Herman Melville
1955
"Das Marmorbild" nach der Novelle von Joseph von Eichendorff
"Die Klarinette" von Leck Fischer
"Heimkehr" von Peter Hirche
"Kress wird geheilt" von Erwin Wickert
"Drei Damen im Schrank" von Kurt Reiss
1956
"Der Karikaturist und das Wunder" von Werner Wilk
"Geh nicht nach El Kuwehd" von Günter Eich
1957
"Der Fremde jenseits des Flusses" von Fritz Habeck
1958
"Aktion ohne Fahnen" nach "Sansibar oder der letzte Grund" von Alfred Andersch
1959
"Der König ist tot" von Mischa Mleinek
"Die tödliche Stimme" von Kurt R. Neubert
"Das Schwitzbad" von Wladimir Majakowski
"Unter dem Loofah-Baum" von Giles Cooper
"Der Tod des James Dean" von Alfred Andersch und John Dos Passos
"Elisabeth von England" von Ferdinand Bruckner
1960
"In der Nacht der Giraffe" von Alfred Andersch
"Raskolnikoff" von Fjodor Dostojewski
"Gericht in Potenza" von Klaus Fischer
1961
"Die Besessenen" von Albert Camus
"Die beiden Tabakspfeifen" von Rusia Lampel
1962
"Ruhesitz zu verpachten" von David Campton
"Die Übungspatrone" von Otto Heinrich Kühner
1963
"Johann Ohneland" von Jacques Perret, Jean Forest
"Der Störenfried" von Siegfried Lenz
"Thank you and goodnight" von Robert Muller
"Leonce und Lena" von Georg Büchner