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Holtzmanns Erzählungen

Der Film begleitet Thomas Holtzmann (1927-2013), bayerisches Urgestein, „Scarface des deutschen Theaters“, Held der Sowjetunion, Kenner des Pazifischen Ozeans, Darsteller in Filmen u.a. von Orson Welles, Helmut Dietl und Herbert Achternbusch auf Theater- und Weltreise.
Seine Körpergröße (1,90m), seine leicht gebeugte und schlaksige Haltung, sein zerfurchtes Gesicht und seine Stimmgewalt machten Thomas Holtzmann früh zu einer der markantesten Erscheinungen des Deutschen Theaters. „Ein Schauspieler, der vom Kinn nach unten spielt“ sagte George Tabori über ihn. Im Gesicht von Thomas Holtzmann zeigt sich – mit zunehmendem Alter auffälliger – Milde und Weichheit. In der Öffentlichkeit gilt er eher als unnahbar.

Geradezu panische Angst und Ekel hatte der Heranwachsende Holtzmann vor den Nazis, die in seiner Nachbarschaft in München wohnten. Der „Spätgeborene“ wurde noch als Flaghelfer in die Hitlerjugend eingezogen. Dienst hatte er in unmittelbarer Nähe des Konzentrationslagers Dachau. Holtzmann empfand die Befreiung Münchens durch die Amerikaner als Erlösung und erinnert sich mit großer Lebendigkeit an die Nachkriegszeit und sein Debut als Jason in Medea am Münchner Ateliertheater (1949). Bei seinem ersten Engagement in Schleswig lernte er seine Frau Gustl Halenke kennen und begegnete auch Rolf Boysen, der damals in Kiel engagiert war. Nach der damals üblichen „Tour de Force“ durch die Provinz (Schleswig, Nürnberg, Saarbrücken), kam er nach Berlin, wo er als Prinz von Homburg in Heinrich von Kleists gleichnamigen Stück 1961 den ersten großen Erfolg feierte.

In den 60-er Jahren war er einer der „Jungen Wilden“ des deutschen Theaters und spielte bei Fritz Kortner die Antihelden Clavigo und Antonius. Kortner rettete Holtzmann über die Schwierigkeiten des Generationswechsels im Theater um 1968. Eine Fernsehsendung des SFB Traumrolle Hamlet zeigt Holtzmann als Außenseiter in einer Zeit, in der eine Traumrolle als Konstrukt der „Bourgeoisie“ abgetan wurde und das Schauspielertheater sich in ein Regietheater verwandelte. Neben Fritz Kortner war Orson Welles das zweite Genie mit dem Holtzmann arbeiten konnte. In The Trial (Der Prozess) nach Kafka (1961), den Orson Welles als seinen besten Film bezeichnete, taucht Holtzmann als Junger Student mit unheimlicher Präsenz auf.

Thomas Holtzmann zeigte sich als Tragikomiker, besonders in seinen Rollen als Malvolio in Was ihr wollt (1980) in der Inszenierung von Dieter Dorn, in George Taboris Inszenierung von Warten auf Godot (1984) und zuletzt als Hamm in Becketts Endspiel. Ein Ausschnitt aus der Liste seiner Rollen liest sich für jeden jungen Schauspieler wie ein Traum: Prospero, Hamlet, Faust, Ödipus und Posa, Shakespeare, Beckett und Bernhard. Zusammen mit Holtzmann sichten wir einige Momente seiner wichtigsten Rollen. Von was träumt man, wenn man alle Traumrollen gespielt hat?



Filmstills

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Filmcredits
Holtzmanns Erzählungen
Mit dem Schauspieler Thomas Holtzmann auf Theater- und Weltreise

Eine Koproduktion der Andreas Lewin Filmproduktion mit dem Bayerischen Rundfunk

2007
45 min
Digi-Beta
Kamera Wojciech Szepel, Tomasz Tupalski
Ton Jan Weymann
Montage Sabine Brose (BFS)